An das Europäische Projekt glauben und sich dafür begeistern, setzt selbstverständlich voraus, dass man sich kritisch mit der Geschichte Europas auseinander gesetzt hat: Die falsch verstandenen Machtansprüche der kolonialen Vergangenheit und die damit verbundenen Kriege, Unterdrückung und Ausrottung ganzer Kulturen müssen klar benannt und überwunden werden. Dies ist eine Aufgabe aller Europäer, die mit großem Engagement und Ehrlichkeit weiter fortgesetzt werden muss!
Wenn das Europäische Projekt eine Zukunft haben soll, dann genügt es nicht, die politische und wirtschaftliche Struktur dieser Union voranzubringen, sondern es ist an der Zeit, den „Sinn“ eines solchen Zusammenschlusses vieler Staaten zu reflektieren. Hier sehe ich meine Aufgabe als Künstler. Der Begriff „Sinn“ suggeriert eine Einheit. Doch wie könnte diese Einheit Europas aussehen? Der tschechisch-französische Schriftsteller Milan Kundera hat sein Ideal von Europa als ein Maximum an Vielfalt in einem Minimum an Raum formuliert. Vielfalt als Einheit? Können wir das denken? Meine Städteporträts, die ich seit vielen Jahren mit den Mitteln der digitalen Fotografie und deren anschließender Bearbeitung erstelle, positionieren sich im Raum dieser Frage. Jede Stadt ist ein komplexes Gebilde aus Geschichte, Architektur, Kultur, Alltagsleben … und es heißt, dieses „Gemisch“ in seiner Besonderheit, Schönheit und Widersprüchlichkeit in den Blick zu bringen, und zwar nicht nur einmal, sondern viele Male! Daraus ergeben sich Bildformen, in denen das perspektivische, lineare Schema überwunden ist und einer verdichteten Komposition Platz macht. Ich bemühe mich auf diese Weise, die Einheit in der Vielfalt oder besser gesagt: „den vielfältigen Sinn einer Europäischen Union“ visuell erfahrbar zu machen. In meinen exzessiven Stadterkundungen sind mir die „Blickpunkte“ oft zugefallen, das heißt, dass ich meine Position als souveräner Konstrukteur von Welt aufgegeben habe und mich auf oft Übersehenes, an den Rand Gedrängtes oder Abgewertetes eingelassen habe.
Ja, meine Stadtporträts sind Zumutungen für jede Betrachterin und jeden Betrachter, sie sind nicht für das schnelle Sehen gemacht. Doch vielleicht können diese Bilder auch als „ZuMutungen“ verstanden werden, sich im vielfältigen Denken und Sehen zu üben.








































































